750 Jahre Neutal: Ein Ort im Wandel

Verein „Stein auf Stein“

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Sonderausstellung „Neutal - ein Ort im Wandel“


Das Jubiläum „750 Jahre Neutal“ wird im MUBA mit einer Sonderausstellung gefeiert. Die spannende Ausstellung zeigt wie sich die 


8 wichtigsten Daseinsgrundfunktionen: „Wohnen – Arbeit – Bildung – Versorgung – Entsorgung – Gemeinschaft – Mobilität – Erholung“ 

im Laufe der Zeit in den 750 Jahren bis in die Gegenwart verändert haben.


5 repräsentative Zeitabschnitte 

werden verglichen und in Vitrinen, Bildtafeln und Videofilmen präsentiert: 

  • 1270 ersten Urkundlichen Erwähnung 
  • 1590 Reformationszeit, Türkenbedrohung 
  • 1850 Beginn des Industriezeitalters 
  • 1920-1945 von der Entstehung des Burgenlandes bis nach dem 2. Weltkrieg
  • 1980-2020 wirtschaftlicher Aufschwung 


Die Geschichte des Ortes ähnelt in vielen Aspekten auch anderen Gemeinden im Burgenland. Einen Sonderweg ging Neutal allerdings ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, als viele Neutaler*innen ihr berufliches Glück im Baugewerbe (besonders im Bereich der Spezialmaurer) suchten (dazu finden Sie in der Hauptausstellung weitere Informationen) und etwa ab den 1980er-Jahren, als es den politischen Entscheidungsträger*innen gelang, Neutal als attraktiven Ort für Betriebsansiedlungen zu positionieren.


Wir wissen, dass unsere Region schon in der Jungsteinzeit besiedelt war. Lokale Stämme, Kelten und Römer haben hier gelebt und gewirtschaftet. In der Eisenzeit waren das Mittel- und das Südburgenland ein wichtiges und wohlhabendes „Industriegebiet“, denn hier wurde – im für die damalige Zeit großen Stil – Eisen produziert und vor allem in den Mittelmeerraum exportiert. Dazu gibt es viele archäologische Funde, so dass die Historiker recht gut darüber Bescheid wissen. 


  • Neutal um 1270

Aus der Zeit der erstmaligen urkundlichen Nennung Neutals gibt es leider viel weniger bis gar keine archäologischen Funde. Deshalb sind wir bei der Rekonstruktion dieses Zeitabschnittes vor allem auf Vergleiche mit anderen, ähnlichen Gemeinden angewiesen. Die schlechte Fundlage resultiert aus der Tatsache, dass gerade dieser Teil des Burgenlandes damals extrem arm war. 

Die Böden waren nicht besonders fruchtbar, so dass es den hier lebenden Bewohnern kaum möglich war, große Besitztümer anzuhäufen. Die meisten Objekte des täglichen Lebens wurden so lange benutzt, bis sie vollkommen unbrauchbar waren. Zudem bestanden sie oft aus organischen Materialien, welche die Jahrhunderte nicht überdauert haben. (Holz, Textilien, Leder, ...).

Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es keine schriftlichen Zeugnisse wie Verträge Besitzurkunden aus dieser Zeit gibt, die uns Aufschluss darüber geben könnten, wie viele Menschen hier unter welchen Bedingungen gelebt haben könnten. 

Ein weiterer Aspekt könnte sein, dass es eine lange Siedlungskontinuität gegeben hat. Das bedeutet, dass die Häuser wahrscheinlich oft auf bestehende (Vorgänger-) Gebäude gestellt wurden, beziehungsweise diese über die Jahrhunderte sukzessive weiter gebaut und verbessert wurden.

Exponat:

  • Joiser Ritter, Fundort Jois, Tonfigur, 2. Hälfte 14. Jhdt. (Replik)

Vermutlich handelt es sich bei dieser Figur um einen der „Heiligen drei Könige“ 

entweder von einem Altar oder einem Hauszeichen.


  • Zeit um 1590 

Sie wurde deswegen gewählt, weil es eine Zeit des Umbruchs war.

Das gesicherte Weltbild des Mittelalters wurde bei uns durch die Reformation und natürlich auch durch die Entwicklung des Buchdrucks erschüttert. 

Zudem gab es im Zuge der Türkenkriege eine demographische Veränderung, die auch in den folgenden Jahrhunderten von Bedeutung ist. Roma und Kroaten kommen ins Burgenland.

Auch rechtlich verändert sich im Zuge der Gegenreformation einiges: die Grundherrschaft bekommt mehr Rechte, die der bäuerlichen Bevölkerung werden beschnitten.

Trotzdem bleibt Vieles für die lokale Bevölkerung beim Alten. Die Lebensbedingungen verbessern sich kaum, zumal mit der kleinen Eiszeit ab Mitte des 14. Jahrhunderts, die Erträge der Landwirtschaft schlechter geworden sind.

Video: Neutal in der Zeit um 1590 (öffnet in einem neuen Fenster)

Exponate: 

  • Anna Selbtritt – Skulptur Ende 15./ Anfang 16. Jahrhundert, Pfarre Landsee.
  • Armbrustbolzen und Arkebusenkugeln – Sie zeigen, dass bewaffnete Konflikte in unserer Region recht häufig waren. Besonders die Bauern litten darunter, Fundort: Burgruine Landsee
  • Schandgeige (Replik)


  • Zeit um 1850 

Auch sie brachte gravierende Umwälzungen mit sich. Wenn auch vorerst erfolglos, begann mit den bürgerlichen Revolutionen ein gesellschaftlicher Umbruch, der durch die industrielle Revolution noch beschleunigt wurde. Neue Gesetze beendeten die Grundherrschaft, und brachten damit auch für die ländliche Bevölkerung eine Reihe von rechtlichen Verbesserungen. 

So konnten die Menschen erstmals ihren Wohnsitz, aber auch ihren Arbeitsplatz frei wählen. 

Für viele Neutaler*innen begann die Zeit der Arbeitsmigration. Es ist auch der Beginn der Spezialisierung vieler Burgenländer auf das Baugewerbe. Viele Menschen fanden Arbeit in den großen Zentren Budapest und Wien, in denen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine intensive Bautätigkeit eingesetzt hat. Maurer und Hilfsarbeiter*innen waren gefragt.

Weil die Region aber nach wie vor sehr arm war und keine Perspektiven bot, gab es zusätzlich auch eine starke Migration ins Ausland, vor allem in die USA, wo Arbeitskräfte benötigt wurden. Auch der erste bekannte burgenländische USA-Auswanderer Lorenz Schönbacher stammte aus Neutal. Das wurde erst vor wenigen Jahren bekannt, als Nachkommen dieser interessanten Persönlichkeit in den Familiendokumenten auf seine Herkunft aus Neutal stießen und Kontakt zur Gemeinde aufnahmen.

Die Lebensbedingungen in der Gemeinde veränderten sich jetzt auch zunehmend. Vor allem die früher hauptsächlich aus Holz und Lehm errichteten Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude, wurde nun oft durch Ziegelbauten ersetzt.

Video: Neutal im Jahr 1850 (öffnet in einem neuen Fenster)

Exponate:

  • Füsilier Mütze Leib Regiment Hessen-Kassel von Knyphausen (Replik)

Vorne: Hessischer Löwe mit Krone, Rückseitig: Granate mit Flammen

Lorenz Schoenbacher diente in einem solchen Regiment und kämpfte anfangs auf Seiten der Briten im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Über 12.000 Mann kämpften in den Regimentern Hessen-Kassels in der Neuen Welt und erlitten schwere Verluste.

  • Steinschlosspistole Leopold Becher Karlsbad, um 1730
  • Mineralwasserkrüge (19. Jahrhundert) aus Steinzeug wurden seit dem 17. Jahrhundert als Behälter für den Handel von Mineralwasser hergestellt. Obwohl es sich der Form nach um Flaschen handelt, werden sie mitunter auch als Mineralwasserkrüge bezeichnet. Zunächst wurden die Krüge auf der Scheibe getöpfert und glasiert. Ein Töpfer konnte an einem Tag etwa 150 bis 175 Stück herstellen


  • Zeit von 1920-1945 

Sie war dadurch geprägt, dass unsere Region 1921 von Ungarn zu Österreich kam, und das Burgenland als österreichisches Bundesland gegründet wurde. Weiterhin spielte allerdings die angespannte und zeitweise katastrophale wirtschaftliche Entwicklung die Begleitmusik im Leben der Neutaler*innen. Vor allem mit der Weltwirtschaftskrise wurden viele Industrie- und Bauarbeiter arbeitslos und kehrten in ihre frühere Heimat zurück. Das hat damit zu tun, dass sie hier das Heimatrecht hatten und die Gemeinden für die Sozialhilfe zuständig waren. Zudem konnten sie in den Landwirtschaften ihrer Verwandten mithelfen und hatten zumindest ein Dach über dem Kopf und etwas zum Essen. Sie übernahmen auch jene Tätigkeiten, die bis dahin von den hier ansässigen Roma ausgeübt wurden, landwirtschaftliche Hilfstätigkeiten, Reparaturarbeiten usw., was dazu führte, dass die Roma - wie fast überall im Burgenland - total verarmten. Das wiederum führte zu sozialen Konflikten, die vor allem in der Nazizeit in unvorstellbar Grausamkeit und Brutalität ausarteten.

Die ideologischen Grabenkämpfe dieser Zeit, trieben tiefe Risse in die Gesellschaft, und somit auch in die Bevölkerung von Neutal. Dazu gibt es in der Multimedia-Station Interviews mit Herrn Dominkovits und Herrn Trummer.

Schlussendlich kam es mit dem Zweiten Weltkrieg zu einem neuerlichen historischen Wendepunkt. Unendliches menschliches Leid machte auch vor einem kleinen Dorf wie Neutal nicht halt. Viele Neutaler Männer verloren im Krieg ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Freiheit, weil sie in Kriegsgefangenschaft gerieten. Die meisten hier lebenden Roma wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Juden wurden vertrieben, und kehrten, sofern sie den Holocaust überlebten, nicht wieder zurück.

Video 1: Neutal im Jahr 1920 (öffnet in einem neuen Fenster)

Video 2: Neutal in den 1930er und 1940er (öffnet in einem neuen Fenster)

Exponate:

  • Dreifuß bzw. Schusterfuß (um 1900)
  • Sturmlampe, Sturmlaterne, Einsatzzwecke solcher Laternen waren sehr vielfältig: im Stall, auf dem Hof oder auch auf Baustellen als Warnbeleuchtung
  • Kohlebügeleisen (um 1900), der Hohlraum wurde mit glühende Kohlen befüllt 
  • Waschbrett, Kernseife Marke Benker
  • Sodawasserflasche (vom ungar. Benediktinerpater Ànyos Jedlik 1826 erfunden)
  • Kegelkugeln aus Neutal
  • Mangelbrett mit Verzierungen
  • Brunnenkatze
  • „An der Zeitenwende“ - Der Autor des Buches erzählt als Zeitzeuge von der Kindheit und Jugend der Kriegs- und Nachkriegszeit im Burgenland.


  • 1980 bis heute

In den 1950er-, 60er- und 70er-Jahren wurde ein Großteil der modernen Infrastruktur aufgebaut. Besonders zu nennen sind die Versorgung mit Strom und Wasser, aber auch die Entsorgung durch eine Kanalisation. 

Ab den frühen 1980er-Jahren begann durch das Engagement der Neutaler Gemeindeverantwortlichen eine intensive Ansiedlungspolitik für Betriebe aus ganz unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen. Aus einer Pendler- und Auswanderergemeinde wurde ein vitaler Wirtschaftsstandort. Viele Neutaler*innen fanden jetzt in ihrer Heimatgemeinde Arbeit. Heute ist Neutal eine Einpendlergemeinde.

Durch die wirtschaftliche Stärke konnte die kommunale Infrastruktur ausgebaut werden.

Video: Neutal in der Gegenwart (öffnet in einem neuen Fenster)

Exponate:

  • LED Verkehrssignal der Firma SWARCO-FUTURIT, Neutal
  • Faceschild Prototyp (BUZ) im Zuge der Corona Pandemie Frühjahr 2020
  • Zahnräder aus Kunststoff (BUZ) Eingesetzt im Prototypen einer Scheidemaschine, Herstellung: 3D-Druck FDM-Verfahren 


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Das MUBA-Team


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